N O R B E R T   F I S C H E R


Geburt eines Kontinents


Eines der heißesten und unwirtlichsten Wüstengebiete der Welt ist die Danakil Senke, am Horn von Afrika. An dieser Stelle treffen 3 Kontinentalplatten aufeinander und bilden einen Teil des „Großen Afrikanischen Grabenbruches“. Diese Region mit ihrer einzigartigen geologischen Konstellation ist in ständiger Unruhe und im Umbruch. Immer wieder reißen hier Spalten auf und Magma strömt an die Erdoberfläche, während an anderen Stellen Geländestufen von mehren Metern Höhenunterschied entstehen. Es ist eine der aktivsten Grossbaustellen unserer Erde, inmitten trostloser Salz- und Steinwüsten. Der Afrikanische Kontinent wird hier in einigen Millionen Jahren auseinander brechen und der östliche Teil der Afrikanischen Landmasse ein  selbständiger Kontinent im Indischen Ozean sein.

Die Temperaturen in der Danakil Senke, mit Gebieten bis zu 150 m unter dem Meeresspiegel, klettern im Sommer oft über 50°C und sind eine große Geißel für alles Leben.

Wegen seiner nomadisierenden Bewohner wird dieser Teil auch als Afar Dreieck bezeichnet. Die Afar, geprägt von ihrer extremen, lebensfeindlichen Umwelt gelten wegen ihrer Unberechenbarkeit, ihrem Stolz und ihrer Zurückhaltung gegenüber Fremden, auch heute noch als gefährlich und unnahbar.


          


Aus der Danakil Senke erhebt sich mit einer Höhe von 613 m der Schildvulkan Erta Ale. Die Region, in der sich der Vulkan befindet war einst ein Meer, das trocken gefallen ist, als tektonische Kräfte den Danakil Block anhoben und das Afar Dreieck vom Roten Meer abgeschnitten haben.

Der Erta Ale ist weltweit einer der wenigen Vulkane in dessen Kaldera ein Lavasee aktiv ist. Der Krater hat einen Durchmesser von 120 m und ist 70 m tief. Die Aktivität auf der 1100°C heißen Seeoberfläche spiegelt im verkleinerten Maßstab und in Zeitraffer die Prozesse der Plattentektonik auf unserer Erde wieder. Dunkle erkaltende Lavahaut schwimmt auf flüssiger, feuriger Lava, ähnlich wie die Kontinentalplatten auf dem Erdmantel. Die dunkle Lavahaut bricht an einigen Nahtstellen auf, glühende Lava strömt nach und die kühleren Hautfetzen treiben auseinander. Ein Vorgang, wie er in größerem Maßstab im Afrikanischen Grabenbruch zu beobachten ist und vom Ozean verdeckt am Atlantischen Rücken abläuft. Es sind dies Stellen auf unserer Erde, wo Neuland entsteht. An anderen Stellen im Lavasee stoßen dunkle Hautplatten aufeinander, falten sich übereinander, oder tauchen untereinander ab, eine Wiederspiegelung der Vorgänge von Gebirgsbildung und Subduktion.


                                     


Der Dallol, ein Vulkankomplex mitten im Asale Salzsee ist der einzige aktive Vulkan auf der Erde, dessen Gipfel mit – 48 m unter dem Meeresspiegel liegt. Der Dallol ist eine vulkanische Salzkuppe, die 1926 zum letzten mal ausbrach.

Heute sprudeln hier hauptsächlich hydrothermale Quellen, aus denen heißes Grundwasser aufsteigt. Die darin gelösten Mineralien oxidieren mit dem Luftsauerstoff zu farbigen Ablagerungen, die in verschiedenen Braun- und Ockertönen schimmern. Gelber  Schwefel und  weiße Salze bringen Kontraste in das Farbenspiel der teilweise zerbrechlichen kristallinen Strukturen. An anderen Stellen findet man bis 40 m hohe Salztürme, wallende Säureseen und blubbernde Soletümpel. In einigen Senken wiederum mit fragilem Untergrund haben sich Felder mit Schwefelpudding gebildet, die dieser Gegend ein höchst pittoreskes Aussehen verleihen.


Der Asale Salzsee, 120 m unter dem Meeresspiegel gelegen, ist der Arbeitsplatz der Salzarbeiter. Hier wird in den Monaten von November bis März, wenn die Sonne ihren Zyklus südlich des Äquators absolviert und die Temperaturen nicht mehr über 50°C ansteigen, Salz gebrochen. Es ist die Zeit, wenn schier endlose Kamelkarawanen täglich durch Schluchten und Täler zwischen dem 2000 m hoch gelegenen Hochland und der Salzebene auf- und absteigen. Der 70 km lange Abstieg aus dem Hochland dauert 3 Tage bei dem die Tiere lebensnotwendiges Wasser, Tierfutter, Nahrung und Feuerholz in die Salzebene transportieren. In der baumlosen Salzpfanne sind unterdessen Gruppen von Arbeitern dabei Salzschollen mit Holzstangen aus dem Boden zu stemmen und mit Äxten in rechteckige, gleichgroße Platten zu zerteilen.

Nach kurzer Rast werden die hölzernen Packsättel der Kamele und Esel mit den zu Paketen geschnürten Salzplatten beladen. Schon am Nachmittag beginnen die schwer beladenen Karawanen ihren mehrtägigen Rückmarsch ins Hochland. Für den beschwerlichen Aufstieg, mit der kostbaren Fracht aus der Ebene zurück ins Hochland, benötigen die Tiere und ihre Begleiter weitere 4 Tage. Norbert Fischer • Danakil Senke